Geht hin in die ganze Welt und verkündigt das Evangelium der ganzen Schöpfung. (Markus 16,15)
Nachdem die Hinrichtung des Nazareners nichts als Schweigen und Entsetzen hinterlassen hatte, machte sich ein unbekannter Autor (eine Autorin?) daran, die Leere zu bewältigen, die so entstanden war. Das Ergebnis finden wir als Anhang zum Markusevangelium in dessen sechzehntem Kapitel.
In einem zusammenfassenden Bericht erfahren wir dort von Erscheinungen des Auferstandenen, vom Unglauben der Jüngerinnen und Jünger, von ihrem Auftrag und ihrer Aussendung. Den Mittelpunkt bildet dabei der Gedanke einer weltweiten, ja kosmischen Mission: die Gute Nachricht vom umfassenden Leben soll «der ganzen Schöpfung» zukommen.
Der Auftrag wurde seither mehr schlecht als recht umgesetzt. Aus der «Schöpfung» wurde schnell ein elitärer Kreis privilegierter Menschen innerhalb kirchlicher Machtstrukturen und kultureller Normen. Menschen am falschen Ort in der Welt oder mit der falschen Hautfarbe hatten Pech. Von einer guten Nachricht können sie bis heute allenfalls träumen.
Das gleiche gilt für die weitere Schöpfung, insbesondere die Tiere. Während die einen in Betten schlafen, eine ausgeklügelte medizinische Betreuung geniessen und als Familienangehörige enge soziale Kontakte pflegen, werden andere als Nahrungsquellen «produziert», in Verwahranstalten isoliert und massenhaft industriell getötet. Das Schweigen ist hörbar, das Entsetzen kaum, und eine erlösende Botschaft liegt in weiter Ferne.
Wie der Hirsch nach frischer Quelle
schreit mit lechzender Begier,
also schreit auch meine Seele
voll Verlangen, Gott, nach dir.
(Kirchengesangbuch Nr. 30)
Hansueli Hauenstein