Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm [seinem Sohn] wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut. (Kolosserbrief 1, 19-20)
Wie tönen diese Worte für Sie? Für mich schwingt einerseits viel Wärme mit. Stichworte wie «Fülle», «wohnen», «versöhnen», «Frieden stiften» deuten auf Gemeinschaft, auf Miteinander hin. Und andererseits ist da die Rede vom Blut am Kreuz, das Gutes stiftet.
Vermutlich würde Paulus (vergleiche 1. Korintherbrief 1, 18) über mich den Kopf schütteln, aber so wirklich eingängig finde ich nicht alles, was über das Kreuz an Gutem gesagt wird. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass wir im Zusammenhang von Erklärungsversuchen schnell fragen, ob das denn die einzige Möglichkeit war, das Gute zu erreichen. Konkret, ob Gott nicht andere Möglichkeiten hätte, um uns mit ihm zu versöhnen. Aber die Denkrichtung der biblischen Autoren war umgekehrt. Christus ist am Kreuz gestorben. Das schreit nach einer Erklärung, gerade weil man erfahren hat, dass seine Geschichte nicht mit dem Tod aufgehört hat.
Eine Deutung, die auch nicht wirklich logisch ist (bzw. die Grausamkeit dieser Todesart ausklammert), spricht mich an: Christus breitet am Kreuz seine Arme aus, um die ganze Welt an sich zu ziehen.
Ewiger Gott,
in der Welt ist so viel Leiden, nicht zuletzt durch Brutalität, die Menschen anderen antun.
Wie kann da Leiden gut sein? Verhöhnt es nicht die Opfer, wenn man das sagt?
Und doch, das «für uns» berührt, die grosse Liebe, die Deinen Sohn dazu geführt hat, in den eigenen Tod einzuwilligen. Amen
Brigitta Josef, Pfarrerin