Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde? (Markus 10,38)
Jesus antwortet mit diesem Vers auf den Wunsch seiner zwei Jünger Jakobus und Johannes im Paradies die Ehrenplätze neben ihm zu bekommen. Mit beidem, dem Kelch und der Taufe, ist sein Martyrium am Kreuz gemeint. Wir können davon ausgehen, dass Jesus zumindest in Kauf nahm, dass er seine Reise nach Jerusalem nicht überleben würde. Er hat sein Leben für die gute Sache Gottes gegeben.
Der Regimekritiker Alexei Nawalny flog zurück nach Russland, obwohl er genau wusste, was das Regime mit ihm anstellen würde. Der öffentliche Widerstand gegen Putin war ihm zu wichtig. Ob das, was er zweifellos bewirkt hat, sein Leben und sein Leiden vorher wert war, konnte nur er beurteilen. Er hat zumindest gegen aussen nie den Anschein erweckt, dass er seine Entscheidung bereut hat.
Wo stehe ich ein für meine Überzeugungen? Wo ist mir der Preis zu hoch, meine Angst zu gross, mir mein Leben oder das meiner Angehörigen zu lieb? Es ist eine christliche Einsicht, dass der Tod von Jesus das Verhältnis zwischen Gott und Mensch ein für alle Mal in völlig neue Bahnen gelenkt hat. Es «braucht» also keine weiteren Martyrien. Die Frage, wie weit ich für meine Überzeugungen einstehe, sie besteht natürlich trotzdem.
Ewiger Gott
Du bist der Boden auf dem wir stehen.
Begleite uns in all unseren Entscheidungen.
Amen.
Michael Rahn, Pfarrer