An jenem Tag wird Er herbeipfeifen die Fliege am Ende der Ströme Ägyptens und die Biene im Lande Assur, und sie werden kommen und sich alle niederlassen in den tiefen Tälern und in den Steinklüften und in allen Hecken und an jeder Tränke. (Jesaja 7,18)
Die Fliege fristet in der Bibel ein bedrohliches Dasein am Rand der eigenen Zivilisation. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Auch wenn sie nicht als Kriegsgegnerin vom Nildelta hergepfiffen werden muss, kommt sie doch aus der Fremde und bevölkert unsere Stuben, Ställe und Schlafzimmer mit ihrer aufdringlichen Gegenwart.
Als Zeichen einer feindlichen Macht endet sie zu Tausenden an gelben Leimstreifen, unter billigen Plastikklatschen und zwischen den Schlägen listiger Menschenhände. Das unberechenbar Lebendige unterliegt dem Triumph (un)menschlicher Herrschaft.
Es geht auch anders. Eines der berührendsten Gedichte des irischen Autors Samuel Beckett handelt von der Fliege: «Zwischen der Landschaft und mir / die Scheibe / leer ausser ihr. / Bauch am Boden / eingeschnürt in ihre schwarzen Därme / mit erregten Fühlern, gefalteten Flügeln / krummen Beinen, im Leeren saugendem Mund / das Blau säbelnd, sich gegen das Unsichtbare quetschend / bringt sie unter meinem machtlosen Daumen / das Meer und den heiteren Himmel zum Scheitern.»
Kurz vor der Fliegenvision entwirft Jesaja das Bild einer Geburt: «Die junge Frau wird einen Sohn gebären und wird seinen Namen Immanuel nennen: Gott mit uns.» Dieser Sohn wird später in dem Nazarener gesehen werden, der wohl auch einer Fliege nichts zu Leide getan hätte, weil angesichts des Lebendigen nicht nur sein Daumen machtlos blieb.
Wälder, Felder, jedes Tier
zeigen Gottes Finger hier.
(Kirchengesangbuch Nr. 530)
Hansueli Hauenstein