Deshalb wurde ich für sie zu einem Löwen, wie ein Panther beobachte ich sie am Weg. (Hosea 13,7)
Was soll die Frage, denken Sie vielleicht. Die sitzt doch … ach … gerade war sie doch noch da. Büsi! Wo bist du denn …? Hat sich wohl auf leisen Pfoten aus dem Staub gemacht und schläft jetzt im Kleiderkasten oder sitzt irgendwo auf einer Zeitung am Fenster und schaut fern. – Nein! Da oben an der Treppe liegt sie ja und hat mich die ganze Zeit angeschaut mit ihrem unergründlichen Blick … .
In biblischen Zusammenhängen fällt unser Büsi vor allem und ausschliesslich durch eines auf, nämlich durch seine völlige Abwesenheit. Es ist, als hätte es sich auch dort davongeschlichen, irgendwohin an einen Ort, wo niemand es vermuten und schon gar nicht aufstöbern kann.
Das ist eigenartig, denn Katzen hat es mit Sicherheit auch im alten Israel gegeben, und zwar nicht nur den grässlichen Löwen und den unheimlichen Panther, von denen der Prophet Hosea uns berichtet, sondern auch die ganz gewöhnliche Hauskatze. Denn die begleitet uns Zweibeiner seit Menschengedenken. Im zeitgenössischen Ägypten galt sie als heilig und kam nach ihrem Ableben in den Genuss der Einbalsamierung und Mumifizierung zwecks Weiterlebens im Totenreich.
Und genau: vielleicht ist das ja der Grund, warum sie in der Bibel totgeschwiegen wird. Denn der biblische Gott duldet keine Konkurrenz, schon gar keine tierische.
Lieber nimmt er selber Katzengestalt an und beobachtet unser Tun und Lassen am Weg, schaut uns zu mit seinem unergründlichen Blick oder macht sich leise aus dem Staub, dahin, wo niemand ihn vermuten und schon gar nicht aufstöbern kann.
Mein Gott, wie bist du so verborgen,
wie ist dein Rat so wunderbar.
(Kirchengesangbuch Nr. 715)
Hansueli Hauenstein