Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er [Jesus] sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie. (Johannesevangelium 8,7)
Am letzten Samstag war ich an einem regionalen Vorbereitungstag für die Weltgebetstagsfeier vom 1. März. Das Herkunftsland der Liturgie ist dieses Jahr Palästina. Ich vermute, es gibt zur Zeit keinen militärischen Konflikt, der mehr polarisiert als derjenige, der jetzt in dieser Region tobt. Einmal wird Israel die Schuld an allem zugeschoben, dann wieder «den» Palästinensern oder ihrer Führung.
Da ist mir dieser Versteil eigefallen «Wer von euch ohne Sünde ist …». Und das ist keine der Konfliktparteien. Es gibt in Israel Strömungen, die am liebsten das ganze Land besitzen würden und denen es egal ist, was mit den PalästinenserInnen geschieht. Es gibt aber auch in Palästina und bei den Staaten, die sagen, dass sie es unterstützen, Stimmen, die den Staat Israel und seine BewohnerInnen auslöschen möchten. Und auch Europa oder der Westen hat es sich damals, bei der Gründung des Staats Israel, zu einfach gemacht. Da viele Juden und Jüdinnen nach Israel ausgewandert sind, musste es sich weniger mit dem eigenen Antisemitismus auseinandersetzen.
Einander die Schuld aufrechnen bringt nicht viel. Was aber wäre möglich, wenn beide Seiten bereit wären, sich darauf einzulassen, dass auch die Menschen auf der anderen Seite viel erlitten haben und erleiden?
Ewiger Gott,
lass uns – im Grossen wie im Kleinen – nicht in Schuldzuweisungen stecken bleiben.
Hilf uns, einander anzuhören und als Menschen anzunehmen, die ähnliche Bedürfnisse haben wie wir. Amen
Brigitta Josef, Pfarrerin