Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. (Lukas 2,12)
Nun ist es da, das Kind. Gut eingepackt und leise vor sich hinglucksend liegt es vor mir. Manchmal steigert sich das Glucksen zum Wimmern und dann zu einem durchdringenden Schreien, für das wir kein wirklich passendes Wort haben. Unser Herz versteht es trotzdem, und wir können nicht anders, wir müssen ihm entsprechen.
Die Augen sind noch häufig geschlossen und wenn nicht, ist der Blick schweifend, unkoordiniert, ebenso die Bewegungen der Glieder und des Köpfchens. Bis sie zu der Welt passen, zu der das Neugeborene jetzt gehört, wird viel Zeit vergehen.
Der kleine Körper braucht dafür eine Form und einen Halt, die nur wir ihm bieten können. Die wachen Augen brauchen unseren Blick. Dann fallen sie wieder zu und das Dahingegebensein des schlafenden Kindes weckt unsere tiefste Wehmut: ein unfassbares Wunder.
Es gibt auch Gerüche: das Streng-Süssliche der Ausscheidungen und das Fein-Pudrige des weichen, wackligen Köpfchens zum Beispiel. Letzteres kann süchtig machen; ersteres vielleicht nicht immer – deshalb die Windeln, ein erster und in vielem entscheidender Schritt in die menschliche Kultur und ihre komplizierten Empfindlichkeiten.
Und dann gibt es den Griff der kleinen Fäuste, die mit erstaunlicher Kraft unseren Finger umfassen. Sie passt zu der Kraft der Lippen und des Mundes beim Trinken an der Brust der Mutter oder aus dem Fläschchen. Daraus erwächst, wenn es gut geht, das Begreifen der Welt und die Beheimatung darin.
Es geht nicht immer gut. Aber darüber schweigen wir heute und überlassen uns dem Staunen und seiner kleinen Schwester, der Hoffnung.
Ich sehe dich mit Freuden an
und kann mich nicht satt sehen;
und weil ich nun nichts weiter kann,
bleib ich anbetend stehen.
(Kirchengesangbuch Nr. 402)
Hansueli Hauenstein