Und Er führte Abraham hinaus ins Freie und sprach: Blicke doch himmelan und zähle die Sterne – kannst du sie wohl zählen? (Genesis 15,5)
Am Anfang der Welt und am Anfang der Zeit stand das Zählen. Es beginnt, wie es sich gehört, mit der Eins. Die erste biblische Erzählung vom Schöpfungsgeschehen nummeriert dessen einzelne Etappen sorgfältig durch, beginnend mit dem ersten und endend mit dem siebten Tag.
Was so geschildert wird, ist eine sinnvolle Abfolge von Ereignissen, eine Zeitstruktur, die unsere Zeitrechnung und unser Zeitempfinden wesentlich und nachhaltig geprägt hat. Was wären wir ohne die sieben Tage der Woche? Woran könnten wir unsere Erfahrungen und Erzählungen orientieren?
Zahlen ordnen auch die weiteren Elemente der Urgeschichte: die zwei Lichter am Himmel, deren Abglanz die Sterne sind; die beiden Stammeltern und ihre zwei Söhne, zwischen denen sich zuerst menschliches Erkennen und Befremden entwickelt; die drei Söhne Noahs, aus denen die Menschheit entsteht; die vier Paradiesströme, die die Welt durchfliessen und zum Kulturraum gestalten.
Zahlen und Zählen gliedern das Geschehen und geben ihm eine Richtung, einen Sinn. Deshalb können wir davon «er-zählen» – es in Worten der Reihe nach aufzählen, heisst das.
Lukas wird später einmal in seinem Evangelium genau das tun, wenn er seinem verehrten Freund Theophilus die Ereignisse schildert, denen er «von Anfang» an» gefolgt ist. Sie beginnen – wie sollte es anders sein – mit einer Geburtsgeschichte. Daraus entwickelt sich dann Schritt für Schritt, Tag für Tag die Geschichte des Christus.
Die Adventskalender, die bald wieder Kinder- und andere Herzen erfreuen, sind eine Darstellung dieses Geschehens, konzentriert auf vierundzwanzig Tage. Welche Ereignisse zählen wir damit? Welche Erzählungen entwickeln wir daraus? Welchen Sinn finden wir darin?
Lehr uns in Weisheit unsre Tage zählen,
dass wir nicht töricht unser Heil verfehlen.
(Kirchengesangbuch Nr. 48)
Hansueli Hauenstein