Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen als wäre es Feuer, und es setzte sich auf jeden Einzelnen von ihnen. Und sie wurden alle von heiligem Geist erfüllt und fingen an, in anderen Zungen zu reden, so wie der Geist ihnen zu sprechen gab. (Apostelgeschichte 2,3-4)
Wer über Sprache schreibt, sollte auch lesen können. Leider machen die biblischen Dichterinnen und Dichter einem das nicht immer leicht.
Lukas ist einer dieser Dichter. Er beschreibt das sogenannte Pfingstereignis und schafft es, wenn man ihn genau liest, in zwei Sätzen eine ziemliche Sprachverwirrung zu stiften. «Zungen» bringt er in einen Zusammenhang mit Flammen, aber auch mit Sprachen. Sein Griechisch hilft ihm dabei, denn sowohl für Flamme wie für Sprache kann dort dasselbe Wort «Zunge» stehen. Wir Nachgeborenen begegnen letzterem noch im Englischen, wo die Muttersprache «mother tongue» heisst.
Die Verwirrung entsteht dadurch, dass wir Flammen sehen, Sprachen aber hören (und nicht sehen). Die Feuerzungen setzen sich einzeln auf die Köpfe der Versammelten, bilden zusammen aber ein Feuer. Allerdings sehen sie, wie Lukas betont, nur aus wie Flammen, sind also eigentlich aber doch Zungen, also Sprachwerkzeuge, die dann dazu dienen, aus der gemeinsamen Sprachbegabung das je einzelne Sprechen zu erzeugen.
Aber damit nicht genug der Verwirrung. Denn was die vom Geist entflammten Einzelnen da feierlich von sich geben mit ihren Zungen, verstehen zwar die, die diese Sprache als ihre eigene hören, sie selbst aber nicht.
Was ich an Sätzen aus dem gemeinsamen Sprachgut schöpfe, wird erst zur Sprache, wenn es gehört (oder gelesen) und verstanden wird.
O öffne du die Herzen
der Welt und uns den Mund,
dass wir in Freud und Schmerzen
das Heil ihr machen kund.
(Kirchengesangbuch Nr. 511)