Als David aufgehört hatte mit Saul zu reden, verband sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids, und Jonathan liebte David wie seine Seele. Und Saul nahm David an jenem Tag zu sich und liess ihn nicht in das Haus seines Vaters zurückkehren. Und Jonathan und David schlossen einen Bund, weil Jonathan David liebte wie seine Seele. (1. Samuelbuch 18,1-3)
Jonathan ist der Sohn des Königs Saul. David ist ein Hirte und Krieger. Er hat eine Heldentat vollbracht, und Saul möchte wissen, wer da so furchtlos kämpft. David stellt sich mit einem halben Satz als Sohn seines Vaters Isai vor. Darauf bricht das Gespräch ab. «Männlicher» lässt sich die Szene kaum denken.
Da kommt Jonathan ins Spiel, beziehungsweise das, was sich hinter der Sohnes- und Prinzenfassade verbirgt. Die übersetzte Bibel nennt es die «Seele». Gemeint ist der Mensch als Lebewesen, als belebter Körper, als Ort des Begehrens, der Vitalität und der Lust.
Jonathans Seele verbindet sich mit der Seele Davids, in der er seine eigene erkennt. David wird an den Hof Sauls aufgenommen als wäre er eine Braut. Jonathan und David schliessen einen «Bund» – etwas, was menschliche und göttliche Verbündete aneinander bindet, aber auch Ehepaare.
Ich denke wir müssten, was biblische Männergeschichten betrifft, noch einmal über die Bücher. Vielleicht wäre da oder dort ja sogar ein Sternchen am Platz.
Ach, du holder Freund, vereine
deine dir geweihte Schar,
dass sie sich so herzlich eine,
wie’s dein letzter Wille war.
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (Kirchengesangbuch Nr. 794)