Du sollst dir kein Bildnis machen, keinerlei Gleichnis. (5. Buch Mose 5,8)
Ich fahre mit dem Auto durchs Dorf. Am Strassenrand stehen Strassenlampen, ein übliches Bild. Aber anders als sonst sind an den Lampenpfählen menschliche Gestalten befestigt, lebensgrosse Puppen in seltsamer Verkleidung. Manche hängen aufrecht, den Blick – Blick? – geradeaus gerichtet. Andere lassen mit gekrümmtem Rücken Kopf und Arme hängen, wirken leblos, hingehängt.
Einen Augenblick lang stockt mir der Atem. Ähnliche Bilder tauchen in mir auf. Bilder aus anderen Zeiten, von ganz anderen Orten. Bedrückende, mich heimsuchende Bilder, die ich nie gesehen haben möchte. Bilder nicht von Puppen in Menschengestalt, sondern von Menschen in lebloser Puppengestalt. An Laternen befestigte seltsame Früchte.
Ich weiss, hier geht es um etwas ganz anderes. Ich weiss, Puppen haben nie gelebt. Ich weiss, die Verwischung der Grenzen zwischen Sein und Schein gehört zu den hiesigen Fasnachtsbräuchen.
Ich weiss das alles, und ich muss weiter. Das Auto ist gut geheizt. Aber mich friert.
Lass keinen Spott,
o Herr, mein Gott,
mich von dem Glauben schrecken.
(Kirchengesangbuch Nr. 687)
Hansueli Hauenstein