Unsere Tage zu zählen, lehre uns, damit wir ein weises Herz gewinnen. (Psalm 90,12)
Ein heikler Satz! Er kann, je nach Situation lieblos oder ‘von oben herab’ klingen. Ja, er kann, je nach Situation, auch völlig deplatziert sein. Und doch enthält er – als allgemeine Lebensregel – eine tiefe Wahrheit. Wer sich seiner eigenen Endlichkeit bewusst ist, lebt anders. Wer akzeptieren kann, dass er oder sie nicht ewig zwanzig bleibt, kann besser mit all den Schwierigkeiten umgehen, die das Älterwerden mit sich bringen, auch schon mit sechzig.
Die gegenwärtige Gesellschaft macht es einem nicht leicht, diesen Satz zu bedenken. Was zählt, sind Leistung und Jugendlichkeit. Älter werden, Sterben und Tod werden nach Kräften an den Rand der Gesellschaft und des Bewusstseins gedrängt. Und doch geschieht die alles unaufhaltsam und belastet die Menschen, die davon betroffen sind.
Einfach ist es nicht, die eigenen Tage zu zählen oder auch diejenigen seiner Liebsten. Der Psalmdichter bittet Gott ihm dabei zu helfen. Wir haben Gottes Hilfe dabei bitter nötig.
Und die Freundlichkeit des Herrn, unseres Gottes, sei über uns,
gib dem Werk unserer Hände Bestand,
ja, gib dem Werk unserer Hände Bestand.
(Psalm 90,17)
Michael Rahn, Pfarrer