Denn Gott bin ich und nicht Mann,
der Heilige drinnen bei dir.
(Hose 11,9)
Kürzlich hatte ich die Freude, einen früheren theologischen Lehrer wieder anzutreffen. Er hatte mir während meines Studiums wegen seiner Klugheit, seiner Dialogbereitschaft und vor allem wegen seinem Verzicht auf alle überweltliche theologische Geheimniskrämerei grossen Eindruck gemacht.
Im Gespräch, das sich aus der Begegnung ergab, kamen wir auf den Monotheismus zu sprechen, die Vorstellung, es gäbe nur einen einzigen Gott. Hier liege, so mein Gesprächspartner, ein grosses Missverständnis vor, das sich hartnäckig in Theologie und Frömmigkeit halte. Der Ein-Gott-Glaube werde nämlich oft so verstanden, dass es neben vielen anderen, bloss behaupteten Gottheiten auch noch den christlichen Gott gäbe, der sozusagen als der einzig wahre aus der Reihe tanze.
Dabei bedeute Monotheismus im biblischen Zusammenhang, dass es Gott überhaupt nicht «gäbe», sondern dass «er» sich grundsätzlich jedem menschlichen Definitionsanspruch entziehe. Gott sei da, wann und wie «er» wolle und nicht, wie es Menschen gerade so in den Kram passe. Damit erübrigten sich dann auch Absolutheitsansprüche und Abgrenzungskämpfe. Gottes Identität lasse sich nicht festnageln – darin und nur darin liege biblisch gesehen seine Einzigartigkeit.
Es lohnt sich also, weiter zu denken, dachte ich.
Mein Gott, wie bist du so verborgen,
wie ist dein Rat so wunderbar.
(Kirchengesangbuch Nr. 715)
Hansueli Hauenstein