Unser Vater Im Himmel (Matthäus 6,9)
Natürlich ist es kein Zufall, dass der Himmel als Bereich des Göttlichen gilt. Zwar wird niemand je einen Gott entdecken, der sich irgendwo hinter Wolken, Sternen oder Galaxien versteckt. Die in Sowjetzeiten herumgereichte Auskunft des Kosmonauten Gagarin, er habe auf seinem Flug nirgends einen Gott entdeckt, ist wenig überraschend. Sie reagiert auf ein naives Weltbild, das keinen Unterschied zwischen religiösen und naturwissenschaftlichen Geographien macht.
Der Himmel, den wir aus Erfahrung kennen, hat verschiedene Eigenschaften, die ihn für den Glauben interessant machen: Er beginnt unmittelbar über dem Erdboden, hat keine wahrnehmbaren Grenzen, umgibt alles Irdische, durchdringt und verbindet alles Lebendige. Menschen eröffnet er gleichermassen Geborgenheit wie Freiheit. Ohne ihn würden sie ersticken. Zu jedem Punkt auf der Erde hat er dieselbe Entfernung. Er ist offensichtlich «da» und ebenso offensichtlich nicht «hier».
Kurz: Da der physische Himmel selbst Qualitäten des Göttlichen hat, liegt es nahe, ihn sich als Daseinsraum Gottes vorzustellen. Dieser Raum ist kein «Jenseits» (oder ist es nicht mehr als die Katze auf meinem Schoss). Deshalb kann im Unservater der Himmel als Ort Gottes gedacht werden. Die unmittelbare Nähe zum Irdischen, Lebendigen und Menschlichen ermöglicht es, dass der Wille des «Vaters» unter und in uns seinen Widerhall findet.
Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuss gehen kann.
(Kirchengesangbuch Nr. 680)
Hansueli Hauenstein