Wenn der HERR uns gnädig ist, so wird er uns in dies Land bringen und es uns geben, ein Land, darin Milch und Honig fliesst. (4. Mose 14,8)
Nach 40 Jahren des Wanderns durch die Wüste ist es soweit: das Volk Israel erblickt das verheissene Land, in dem es sich niederlassen darf. Ein neues Leben beginnt.
So folgt der Zahl 40, wann immer sie in der Bibel als Bezeichnung einer Zeitspanne (Tage oder Jahre) vorkommt, ein ganz neuer Lebensabschnitt mit Auskommen, ja sogar Wohlergehen.
Die Zahl 40 begegnete der Journalistin, Schriftstellerin und Fotoreporterin Annemarie Schwarzenbach bei ihrer Reise nach Persien und Afghanistan auf besondere Art und Weise:
«In einem der schönen, weiten Gärten der persischen Stadt Isfahan liegt am Ende eines langgestreckten Teiches, der wie eine Wasserstrasse die Rosenbeete durchschneidet, ein kleiner Palast, den sie «Cihil Sutun» nennen. Der Name bedeutet «Vierzig Säulen». Und wirklich besteht das anmutige und luftige Gebäude eigentlich nur aus einem Wald schlanker Holzsäulen, die vergeblich emporstreben wie junge Stämme, die in den Himmel wachsen möchten und ein flaches, gewichtloses Dach tragen, während die mit wunderbar zarten Mosaikranken, Blumenspielen und Sternen farbig ausgeschmückte Rückwand in der gedämpften Kühle der Säulenhalle kaum sichtbar ist.
Zählt man aber gewissenhaft nach, sind es nur zwanzig Säulen – und wundert man sich dann über den Namen Cihil Sutun, so muss man nur dem Gärtner an den äussersten Rand der Wasserstrasse folgen und sieht in entrückter Ferne die zwanzig Säulen und ihr ebenmässiges, ungebrochenes Spiegelbild.
Es hat aber mit der Zahl Vierzig noch eine andere Bewandtnis. Als ich noch nichts davon wusste und auch Afghanistan nur dem Namen nach kannte, erzählte mir ein befreundeter Afghane, in seiner Heimat gebe es vierzig Traubensorten.
«Warum gerade vierzig?»
«Vierzig», sagte er, «bedeutet zahllos, unendlich viel, bedeutet Süsse, unendliche Verschwendung!»
Nun ist das Wort zum Tag doch etwas länger geworden – aber vielleicht sind Sie gerne mit auf diese kleine Reise gekommen.
Bettina Lukoschus, Pfarrerin
Aus: Annemarie Schwarzenbach, Alle Wege sind offen. Die Reise nach Afghanistan 1939/1940, Basel 2021, Seite 131