Jesus: „Die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer.“ (Johannes 12,8)
Soeben hat Maria, die Schwester des Lazarus, Öl im Wert des Jahreslohnes eines Tagelöhners über die Füsse von Jesus geschüttet. Sie hat ihm so die Füsse gesalbt und sie anschliessend mit ihren Haaren getrocknet. Den Einwand, man hätte dieses Geld auch unter die Armen verteilen können, wischt Jesus mit dem Satz oben weg.
Leidet Jesus da unter dem Potentatensyndrom: einen Lamborghini für mich, eine Dienerin, die mir die Füsse küsst, dazu, und für den Rest Brosamen? Kaum. Es würde so gar nicht zu allem anderen passen, was wir von ihm wissen.
Für das Johannesevangelium ist völlig klar: Jesus ist nicht einfach ein religiöser Lehrer. Jesus verkörpert Gott. Und mit dieser Geschichte stellt das Evangelium eine Prioritätenliste auf. Zuerst kommt Gott, alles andere – auch der bedürftige Mitmensch – kommt nachher.
Falsch wäre es aber, Gott und die Fürsorge für diesen Mitmenschen gegeneinander auszuspielen. Die Bibel ist voll von Aufforderungen, im Namen Gottes den Armen zu helfen. Aber Grund eines christlichen Einsatzes für die Armen ist unsere Beziehung zu Gott. Aus dieser leben wir, aus dieser handeln wir und um diese müssen wir uns immer wieder neu bemühen, weil sie uns allzu leicht abhandenkommt.
Gütiger Gott
Hilf mir,
mit deinen Augen
meinen bedürftigen Mitmenschen zu sehen
und ihm nach Möglichkeit zu helfen.
Amen
Michael Rahn, Pfarrer