Ihr werdet ein Kind finden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.
(Lukas 2,12)
Gleich zweimal erzählt Lukas, der grosse Dichter, in seiner Weihnachtsgeschichte, dass das Kind, das in Bethlehem auf die Welt kommt, in Windeln gewickelt ist, nämlich einmal, als Maria gleich nach der Geburt so für ihr Baby sorgt, und dann noch einmal, als die Engel – ausgerechnet sie! – davon reden. Die Windeln sollen für die Hirten nämlich ein Zeichen sein.
Das ist seltsam, denn dass Neugeborene gewickelt werden, war auch in biblischen Zeiten schon selbstverständlich. Man riss dafür Lumpen in Streifen und wickelte den kleinen Menschen darin ein – ziemlich fest übrigens: Bewegungsfreiheit für Neugeborene wurde erst viel später Mode.
Was für ein Zeichen sollen diese Windeln also sein? Nun, sie sind technisch gesagt eine Art Interface zwischen Natur und Kultur, zwischen den Körperfunktionen des Neugeborenen und der Erwachsenenwelt um ihn herum. Als einziges Säugetier wickelt der Mensch seine Jungen, und zwar deshalb, weil er Geschöpflichkeit immer mit Tätigkeiten verbindet, die er einem kulturellen Vorrat entnimmt.
Das Kind, das hier auf die Welt kommt – Lukas spricht präziser von einem Säugling – ist also ganz und gar und bis auf die elementarsten Stoffwechselvorgänge ein Tier der Gattung Mensch. Zugleich gehört es von Anfang an zu einer menschlichen Gesellschaft mit ihren Normen, Regeln und Bräuchen. Hier zeigen sich diese noch von ihrer fürsorglichen Seite. Später, wenn das Kind herangewachsen ist, wird sich dies ändern.
Ob auch Engel einmal Windeln getragen haben?
Er sieht dein Leben unverhüllt,
zeigt dir zugleich dein neues Bild.
(Kirchengesangbuch Nr. 421)
Hansueli Hauenstein, Pfarrer