Rahel aber hatte den Terafim genommen. Sie steckte ihn in den Sattel des Kamels und setzte sich darauf. (Genesis 31,34)
Ein Terafim ist ein menschenförmiges Ding, das religiösen Zwecken dient. Alte Bibelübersetzungen – unter ihnen die Lutherbibel – reden von «Götzen» und machen so unmissverständlich klar, was davon zu halten ist.
Bedeutend weniger skeptisch ist die Bibel selber: das Verhalten Rahels, die den Hausgott ihres Vaters gestohlen hat und ihn mit auf eine grosse Reise nimmt, wird mit keiner Silbe kritisiert. Auch was später damit geschieht, bleibt offen.
Jakob, Rahels Ehemann, reagiert nicht auf den Raub. Vielleicht ist er ja grosszügig genug, seiner Traumfrau Rahel die gestohlene «Puppe» zu lassen. Immerhin ist er es, der sie aus ihrem väterlichen Haus entführt und in die Fremde bringt. Hat der Terafim vielleicht dort zusammen mit Rahel ein neues Zuhause gefunden? Funde aus dem alten Israel lassen diese Vorstellung durchaus zu.
Rahel scheint an dem Gegenstand zu hängen, der ihr wohl seit langem vertraut ist. Mit den Terafim pflegten gläubige Menschen einen regen Austausch, vielleicht vergleichbar mit der Weise, in der Kinder Gespräche mit ihren Puppen führen.
Damit will ich die Gefahr eines religiösen Fetischismus nicht verniedlichen. Aber wieso soll sich das Göttliche nicht auch in den vielfältigen Beziehungen zeigen, in denen wir von Kindheit an Lebloses zum Leben erwecken?
Luft, die alles füllet,
drin wir immer schweben,
aller Dinge Grund und Leben.
(Kirchengesangbuch Nr. 162)
Hansueli Hauenstein, Pfarrer