Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot ass, tritt mich mit Füssen. Du aber, Herr sei mir gnädig und richte mich auf, ich will es ihnen vergelten. (Psalm 41,10.11)
Masslose Enttäuschung spricht aus diesen Versen. Da fühlt sich jemand verraten, aufs Übelste. Da hat der Psalmbeter seinem Freund Vertrauen geschenkt, Wohlwollen, Gastfreundschaft und Zeit. Und zurück kommen Fusstritte. Es spielt gar keine Rolle, dass diese Fusstritte vermutlich eher durch Gesten und Worte als durch richtige Tritte verabreicht wurden. Sie schmerzen genau so heftig oder sogar noch schlimmer.
Man hat schon fast ein bisschen Verständnis dafür, dass der Beter die erlittenen Tritte vergelten möchte. Wer könnte von sich sagen, noch nie solche Gefühle gehabt zu haben? Doch eigentlich wissen wir ganz genau, dass Rache und Vergeltung nie die Lösung, sondern immer nur die Fortsetzung der Probleme sind.
Eines aber tröstet. Sogar die Rachegedanken sind bei Gott gut aufgehoben. Nichts Menschliches ist Gott fremd. Es gibt nichts, was vor ihm nicht geäussert werden darf. Und vielleicht bringt Gottes Gnade, die der Beter anruft, ja eine viel bessere Lösung als blosse Vergeltung.
Barmherziger Gott
Du kennst auch meine dunkeln Gedanken,
diejenigen, die ich nie laut äussern würde.
Nimm du sie mir ab,
und verwandle Schatten in Licht.
Amen
Michael Rahn, Pfarrer