Wozu Licht für den Mann auf verborgenem Weg,
den Gott von allen Seiten einschliesst? (Hiob 3,23)
H. ist Mitte vierzig und auf der Suche nach einem Ausweg. Beide Kinder haben den Sprung in die Bez geschafft. Die Frau hat eine Teilzeitarbeit im früheren Beruf gefunden. H. arbeitet selbständig und ist immer öfter auch am Abend noch im Betrieb anzutreffen. Seine Mitarbeiter achten ihn. Seine Frau ist den Kindern eine gute und engagierte Mutter, und er ist ihr dankbar dafür.
Alles könnte gut sein. Geld, Auto und Einfamilienhaus sind die Zeugen. Wenn nur diese Leere nicht wäre, die zwischendurch alles ersäuft, und diese Unruhe, dieses vage Gefühl, es müsse noch etwas anderes geben, nicht etwas Grösseres oder Teureres, sondern etwas, wofür es sich zu leben und zu arbeiten lohnt: Sinn, zum Beispiel, statt dieser Einsamkeit, die ihn manchmal sogar dann packt, wenn er mit seiner Familie am Tisch sitzt oder in die Ferien fährt. Gerade dann.
Die Kumpels meinen es gut, wenn er beim Bier seine Gedanken andeutet. Sie haben Recht mit allem, was sie sagen. Aber es hilft ihm nicht. So geht H. seinen eigenen Weg, sensibel, lakonisch und mit verbissener Trauer. Setzt sich aufs Velo und strampelt, bis ihm die Luft ausgeht. Bringt den Motor auf Touren und ertappt sich beim Blick auf die Gegenfahrbahn. Loggt sich in eine Partnervermittlung ein und vergeht fast vor Scham. Versucht ein guter Vater und verständnisvoller Ehemann zu sein und ertappt sich dabei, dass ihm die Tränen kommen, wenn er sich in der verzweifelten Melancholie einer Blues-Ballade verliert.
H. heisst vielleicht ganz anders. Er ist viele. Und ich mag ihn sehr.
He’s a walkin‘ contradiction,
partly truth and partly fiction,
takin‘ every wrong direction
on his lonely way back home.
(Kris Kristofferson, The Pilgrim)
Hansueli Hauenstein, Pfarrer