Und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden; und verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden. Lasst los, und ihr werdet losgelassen werden. (Lukas 6, 37)
Es passiert bei jedem von uns sicher ein Mal im Leben, dass wir andere «richten» und «verurteilen». Wir haben das Gefühl, dass nur unsere Wahrheit die einzig richtige ist. Mit der Zeit musste ich selber lernen, dass jeder Mensch eine eigene Wahrheit hat. Und es geht nicht um richtig oder falsch, es geht um die Wahrnehmung. Es gibt nichts Absolutes im Leben. Immer müssen wir abwägen zwischen verschiedenen Interessen. Was wiegt wichtiger, die Anzahl der Neuinfektionen zu reduzieren oder die Wirtschaft zu schützen? Die Zukunft zu sichern, oder das Heute? Die Rechte des Einzelnen oder der Schutz der Gesellschaft? Die Einen sagen so, die Anderen sagen so. Jeder hat seine Gründe und hat Recht. Im Internet bilden sich Meinungsblasen. Dort bringen Algorithmen Menschen zusammen, die dieselbe Meinung haben und sich darin gegenseitig bestärken. Und alle die nicht dazugehören werden schnell zu Zielscheiben von Wut und Angst und Verschwörungstheorien. Schnell mischen sich persönliche Enttäuschungen mit vorhandenen Feindbildern.
Die grösste Herausforderung im Leben ist Menschen, die anderes handeln oder denken, zu verstehen und nicht zu richten. Verzeihen und die Situation los zu lassen, das ist eine grosse Hürde.
Gott, ich bitte Dich um Vergebung und fürs Verständnis, dass wir so handeln wie wir handeln.
Gott, bitte lehre uns los zu lassen und nicht zu richten.
Ich danke Dir, dass Du Geduld mit uns Menschen hast.
Anna Hemme-Unger