Machen wir den Menschen in unserem Bild nach unserem Gleichnis! Genesis 1,26
Die Vorstellung, von Menschen hergestellte Figuren hätten ein Eigenleben und würden dieses, wenn auch unter menschlicher Regie, mit einer gewissen Eigenständigkeit führen, ist wohl so alt wie die Menschheit selbst. Belebte Spielfiguren sind aus dem Alten Ägypten bekannt, aber auch schon unsere nichtmenschlichen Verwandten verwendeten und verwenden Gegenstände, die deutlich personalen Charakter haben: Gorillakinder etwa wiegen und «füttern» aus Stofffetzen hergestellte «Säuglinge».
Die Idee – oder feste Überzeugung – der Mensch verdanke sein Da- und Belebtsein einem schöpferischen und fürsorglichen Gegenüber, dürfte in dieser Erfahrung ihren Ursprung haben. Sie kommt auch im Schöpfungsmythus der Bibel zum Ausdruck: Gott erschafft sich nach seinem Bild ein Geschöpf, das dann in einer eigenartigen Verknüpfung von Abhängigkeit und Freiheit mit ihm verbunden bleibt.
Diese Verknüpfung ist das eigentliche Thema des «Barbie»-Filmes, der gegenwärtig die Kinosäle füllt. Auf witzige, gescheite, fein-ironische und ziemlich schräge Weise wird hier das Thema der Geschöpflichkeit durchdekliniert. Menschen (Männer) entpuppen sich als Marionetten, die ihren ach so freiheitlichen Normen ausgeliefert sind, und Puppen (Frauen) emanzipieren sich, indem sie diese Normen tüchtig aufmischen.
Der Film kulminiert in einer Szene im Himmel, in der die Puppenschöpferin Ruth ihrer stereotypen Barbie zur Einsicht verhilft, dass Menschsein weder verdient noch gewollt sein muss, wohl aber Schicht für Schicht entdeckt werden kann.
Das ist durchaus biblisch, denn auch dort ist die Menschwerdung mit der Erschaffung der ersten paradiesischen Puppen noch längst nicht abgeschlossen.
Er sieht dein Leben unverhüllt,
zeigt dir zugleich dein neues Bild.
(Kirchengesangbuch Nr. 421)
Hansueli Hauenstein