Vor dem Sturz wird das Herz des Mannes überheblich – und vor dem Ruhm kommt die Bescheidenheit. (Sprüche 18,12)
Manchmal nervt mich die altbackene Besserwisserei von Sprichwörtern (auch der biblischen). Und manchmal freue ich mich darüber, nämlich dann, wenn etwas, was ich erlebt habe, damit als allgemeine Wahrheit gewürdigt wird.
Jang Sel-gi ist eine südkoreanische Fussballspielerin. In einem Freundschaftsspiel gegen Haiti Anfang Juli erzielte sie den 2:1 Siegestreffer. Nach einem Freistoss setzte sie den Ball mit einem wunderbaren Schuss aus dreissig Metern Entfernung in die rechte obere Torecke.
Danach hob sie etwas unbeholfen die Hände zum Jubel – eine Geste, die bestens aus dem Männerfussball bekannt ist – kam dann aber ins Stocken, liess die Arme fallen und hielt sich die Hand vor das schüchtern lächelnde Gesicht, bevor sie von ihren Mitspielerinnen umkreist und umarmt wurde.
Natürlich: die kleine Szene berührt das Herz eines älteren Mannes – aber vielleicht steckt, ganz im Sinn der biblischen Weisheit, doch noch mehr dahinter. Das überhebliche Getue erfolgreicher Torschützen gerät damit in den Schatten des Scheiterns, die Demut hingegen in den Glanz des Ruhms.
Im Glücke Demut, Mut in Not,
das wollest du mir geben.
(Kirchengesangbuch Nr. 291)
Hansueli Hauenstein