Und sie entsetzten sich alle, so dass sie sich untereinander befragten und sprachen: Was ist dies? Was ist dies für eine neue Lehre? (Markus 1,27)
Auch die Kirche hat eine Sprache, der sie nicht entrinnt, in ihrer Dogmatik, vor allem aber in ihrer Verkündigung. Immer wieder beliebt ist hier der Appell an das sich wiederholende Erleben der Zuhörenden. «Immer wieder» und – am schlimmsten – «immer wieder neu»: da lässt es sich beim Predigen lange und angenehm verweilen.
«Immer wieder dürfen wir erleben …». «Immer wieder neu zeigt sich …». Solche Wendungen machen die Wiederkehr des immer Gleichen zum Programm. Die Absicht ist allzu durchsichtig: was immer wieder geschieht, geht grundsätzlich alle an, und der Prediger, die Predigerin kann mit beifälligem Kopfnicken rechnen (oder mit Langeweile, aber das steht auf einem anderen Blatt).
«Immer wieder neu» ist ein Widerspruch in sich und eine Verharmlosung des radikal Neuen, von dem die Bibel redet, noch dazu. Es gibt vor, Überraschendes anzuzeigen. Tatsächlich aber erscheint nur das Altvertraute. Was nach Aufbruch klingt, nach Reform, nach Erneuerung dient in Wirklichkeit nur der Zementierung dessen, was «immer» schon da war.
So wie vorgedruckte Gesangbuchgebete um die Linderung des Unheils in der Welt die Druckerschwärze gewordene Resignation und Hoffnungslosigkeit verkörpern, so widerlegen Floskeln der Kirchensprache «immer wieder neu» den Gedanken der radikalen Wende, einer neuen Welt.
Du wirst mein Wesen aus dem alten
in Jesu Klarheit neu gestalten.
(Kirchengesangbuch Nr. 510)
Hansueli Hauenstein