Wer sich selbst nichts gönnt, wem kann der Gutes tun? (Sirach 14,5)
Dieser Vers gehört für uns Reformierte streng genommen nicht zur Bibel, da er zwar aus der Zeit vor Jesus stammt, aber nur auf Griechisch erhalten ist. Mir ist er in einem Buch mit Denkanstössen für jeden Tag des Jahres begegnet.
Aber was kann man inhaltlich über diesen Gedanken sagen, gerade wenn man an das bekannte «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst» (unter anderem Lukas 10,27) denkt? Widerspricht sich das nicht und ist es so nicht auch vom Inhalt her gut, wenn dieser Vers nicht zur Bibel zählt?
Ich denke, dass dieser Gedanke durchaus zur Nächstenliebe passt. Es heisst ja «wie dich selbst», es wird vorausgesetzt, dass man sich selbst liebt. Und weil das eigentlich selbstverständlich wäre, wird das oft überlesen. Aber im ungünstigsten Fall kann die Nächstenliebe auch eine Flucht sein, gerade davor, dass man mit sich selbst unzufrieden ist, sich nicht gern hat.
Im Christentum sagen wir, dass Gott Liebe ist und uns liebt. Wir dürfen also auch uns selbst lieben. Und wenn es um andere Menschen geht, haben wir ja «genug» Liebe für mehrere Personen. Es wird also auch dann, wenn es um uns selbst geht, für eine mehr reichen.
«Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat.
Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.»
(1. Brief des Johannes 4,16)