Und der Mensch gab seiner Frau den Namen «Eva»,
denn sie sollte Mutter alles Lebendigen werden.
(Genesis 3,20)
Meine Sprachkenntnisse sind zu bescheiden, um den folgenden Verdacht zu erhärten. Aber ich vermute schwer, dass das Schweizerdeutsche weltweit die einzige Sprache ist, in der die Mutter als ein Neutrum figuriert: «Das Mami».
Eigenartig ist diese Neutralisierung so der so. Nicht nur, weil das männliche Pendant («das Papi») vollkommen undenkbar wäre. Sondern auch, weil damit sozusagen unter der Hand dort ein Genderbewusstsein demonstriert wird, wo man es nicht gerade erwartet hätte. «Das Mami» könnte ja rein sprachlich gesehen biologisch-sozial auch männlichen Geschlechts sein (so wie «das Kind» ein Bub oder ein Mädchen oder jemand in diesem Spektrum ist).
Woher also diese seltsame Kühnheit im sonst ja eher behäbigen Schweizerdeutsch? Oder ist es gerade diese Behäbigkeit und die damit verbundene Tendenz zur Dauerverniedlichung von allem und jedem, die aus der Mutter ein geschlechtsloses Mami werden lassen?
Der Name «Eva» klingt in der Bibel an ein Wort an, das vielleicht soviel wie «die ins Leben Rufende» bedeutet hat. Das ist schön, weltengross und ehrfürchtig. Ich wünschte, in jedem Mami wäre für sie selbst und für andere eine solche Eva verborgen.
Schön im Stirb und Werde
kreist die Mutter Erde,
trägt, was ihr gegeben:
Gottes Leben.
(Kirchengesangbuch Nr. 534)
Hansueli Hauenstein