Trachtet nach Frieden mit allen und nach der Heiligung, ohne die keiner den Herrn sehen wird! Seht zu, dass niemand von der Gnade Gottes abkomme. (Hebräerbrief 12,12.13a)
Zwei Sätze, bei denen es manche eingefleischten Protestanten durchschüttelt. Es liegt doch nicht an uns, ob wir Gottes Gnade erfahren oder nicht, sondern allein bei Gott! Offensichtlich ist es etwas komplizierter. Der protestantische Theologe Dietrich Bonhoeffer prägte kurz vor dem 2. Weltkrieg das Schlagwort der «billigen Gnade». Gnade, die uns Menschen nichts kostet, uns nichts abverlangt. Aber auch hier gilt: was nichts kostet ist nichts wert. Mit den Worten Bonhoeffers: «Billige Gnade heisst Rechtfertigung der Sünde und nicht des Sünders.»
Das Buch, aus dem dieser Satz stammt, trägt den Titel «Nachfolge». Es fragte, was es damals für die Jünger Jesu bedeutet hat, Jesus nachzufolgen und was es für die Gegenwart bedeutet, dies zu tun; in einer Zeit übrigens, in der die Nationalsozialisten in Deutschland Menschen, die die Nachfolge Jesu über die Staatsräson stellten, teilweise schon brutal unterdrückten.
Nachfolge, Heiligung – sie meinen etwas Ähnliches. Wer die Gnade Gottes sucht und aus ihr lebt, lebt nicht einfach irgendwie in den Tag hinein. Er oder sie versucht – so gut es geht – nach den Wertmassstäben Jesu zu leben: Nächstenliebe, Feindesliebe, Achtung für die Geringen und Schwachen. Dass wir damit immer wieder scheitern werden ist klar – und von Gott vergeben. Das soll uns nicht davon abhalten, es immer wieder von Neuem zu versuchen, mit Gottes Hilfe.
Barmherziger Gott
Du zeigst mir den Weg zu dir und zu den Menschen.
Hilf mir, ihn auch zu gehen.
Amen.
Michael Rahn, Pfarrer