Als sie ihn nicht länger verbergen konnte, nahm sie für ihn ein Kästchen von Schilfrohr und verpichte es mit Erdharz und Pech und legte das Kind hinein und legte es in das Schilf am Ufer des Stromes. (Exodus 2,3)
«Er» ist Mose und «sie» seine Mutter. Dass sie ihr Kind dem Strom übergibt, geschieht aus reiner Verzweiflung. Andernfalls würde es ein Opfer ägyptischer Machtpolitik. Wohin der Strom das Kind tragen wird, kann sie nicht wissen. Der Nil mündet ins Mittelmeer, und wie gross die Chancen sind, dass Dahintreibende dort überleben, wissen wir.
Aber der Strom ist auch ein Ort der Reinigung. Deshalb wird der kleine Mose von der Königstochter entdeckt, gelangt an den Hof und verliert doch nie die Bindung an die Welt, wo seine Quelle liegt. So führt sein Weg ihn in die Ferne und endet an einem anderen Fluss, am Jordan, der nun sein Leben begrenzt.
Für die Menschen der Bibel waren Flüsse keine Selbstverständlichkeit. Im Gebiet Israels flossen sie spärlich. Vielleicht rührt daher die Faszination an ihrem Strömen und der Verheissung und Gefahr, die darin mitfliessen.
Als an der Aare aufgewachsenes Flusskind teile ich diese Faszination. Und ich weiss auch, dass die Bewegungen, die mir im Fluss begegnen, vielfältiger sind, als man gemeinhin annimmt. Flüsse können durchaus bergauf fliessen – die Aarburger Waage zeigt das. Zudem ziehen sie den Tollkühnen in die Tiefe und nur den Vertrauenden entlassen sie wieder himmelwärts in seine Welt.
Muss ich von hier nach dort – er hat den Weg erlitten.
Der Fluss reisst mich nicht fort, seit Jesus ihn durchschritten.
Wär er geblieben, wo des Todes Wellen branden,
so hofften wir umsonst. Doch nun ist er erstanden.
(Kirchengesangbuch Nr. 486)
Hansueli Hauenstein, Pfarrer