Wer einen dieser Kleinen, die Vertrauen haben, straucheln lässt, für den wäre es besser, wenn ein eselgetriebener Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde. (Markus 9,42)
Die «Kleinen», von denen Jesus hier spricht, sind unbedeutende, erniedrigte, zum Verschwinden gebrachte, schief angesehene, ausgelieferte und ausgebeutete Menschen. Alle diese Eigenschaften trafen im ersten Jahrhundert auch auf die wörtlich Kleinen zu, also auf die Kinder – wenn sie nicht gerade das Glück hatten, in herrschaftlichen römischen Villen geboren worden zu sein.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat sich daran wenig geändert. Die Gräber in christlichen kanadischen Internaten, in denen indigene Kinder fern ihrer Herkunft «umerzogen», missbraucht und verwahrlost wurden, zeigen das. Diese Kleinen wurden mehr als nur zum Straucheln gebracht: sie starben zu Hunderten, wenn nicht zu Tausenden und wurden dann namenlos im Boden versenkt. Hätte Jesus geahnt, was da und andernorts in seinem Namen geschieht, wäre sein Bild für das Ergehen der Täter vielleicht noch drastischer ausgefallen.
Allerdings: in diesem Bild vom Mühlstein geht es nicht um Rachephantasien (die sind auch unter uns billig zu haben). Das Versenken im Meer wäre ja besser für die Täter: besser nämlich als zur Rechenschaft gezogen zu werden für ihr menschenverachtendes Christentum.
Verborgen hast du dich den klugen Weisen
und lässest die Unmündigen dich preisen.
Den Leugner widerlegt des Säuglings Mund;
der Kinder Lallen tut dich, Vater, kund.
(Kirchengesangbuch Nr. 7)
Hansueli Hauenstein, Pfarrer