Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einer. (5. Mose 6, 4)
Insgesamt zehnmal im Alten Testament wird dieser Appell an das Volk Israel gerichtet. Einerseits wird dieses «Höre!» als ein Stilmittel gebraucht, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen, um darauf aufmerksam zu machen, dass da jetzt etwas besonders Wichtiges kommt. In diesem Fall ist es das Glaubensbekenntnis für das Volk Israel.
Andererseits ist es aber nicht nur ein Stilmittel, das den Fliesstext unterbricht, sondern auch «ernst gemeint», also im Wortsinn. Das Volk soll zuhören, genau hinhören, aktiv hören, sich dem Sprechenden, hier Gott, zuwenden und beide Ohren und damit den ganzen Menschen auf Gott ausrichten. Und nicht nur «mit einem halben Ohr» zuhören.
Gut zuhören zu können kann einem sogar auch einen «Oskar» einbringen, wie ihn gerade Chloé Zhao für ihren Film «Nomadland» verliehen bekommen hat. Zhao kann nämlich zuhören. Geübt hat sie das als Jugendliche bei ihrem Job als Barkeeper in Los Angeles und nun perfektioniert für «Nomadland», indem sie diesen Ausgesteuerten des US-amerikanischen Systems, die sich mit irgendwelchen Gelegenheitsjobs über Wasser halten und dafür mit ihren Vans von Ort zu Ort fahren, zuhörte und es ihr so gelang, «mit der Kamera eine Erfahrung spürbar zu machen, auf schon magische Art ein Gefühl für einen Ort, eine Existenz zu wecken» (Tages-Anzeiger, 27. 4. 2021).
Zuhören lohnt sich, denn nur als Hörende kann ich jemand werden, auf die gehört wird.
Bettina Lukoschus, Pfarrerin