Ich bin tief gebeugt.
Ich sprach in meiner Bestürzung:
Alle Menschen sind Lügner.
(Psalm 116,11.12)
Alle sind gegen mich. Alle lügen mich an. Alle wollen mir ans Leder.
Ja, es gibt die Momente, in denen man sich so fühlt. Wenn man noch einen Schritt zurücktreten könnte, sähe man: so einseitig ist es doch nicht. Aber die Distanz fehlt. Man fühlt sich in die Enge getrieben. Man wähnt sich von allen guten Geistern verlassen und sieht nur noch die bösen.
Der Psalmdichter bringt seine Einsamkeit und seine Verzweiflung vor Gott. Er ist die letzte Instanz, der er noch traut, und dieses Vertrauen gibt ihm neuen Halt. Der Psalm endet im dankbaren Jubel.
Innehalten und sein Leid Gott klagen; das gibt dem Dichter die nötige Distanz und eine neue Perspektive.
Der HERR behütet die Einfältigen,
bin ich schwach, so hilft er mir.
Finde wieder Ruhe, meine Seele,
denn der HERR hat dir Gutes getan.
(Psalm 116, 6.7)
Michael Rahn, Pfarrer