Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: «Liebst du mich?».
(Johannes 21,17)
«Liebst du mich eigentlich?»
«Das weisst du doch.»
«Dann sag es. Nur einmal – bitte!»
«Auf Befehl geht das nicht.»
«Also liebst du mich nicht wirklich.»
«Muss ich das denn hundert Mal am Tag sagen?»
«Du brauchst gar nicht so aggressiv zu werden. Ich habe es schon lange geahnt …»
Wenn die Frage gestellt wird, ist die Krise schon im Gang. Ein «Nein» als Antwort wäre ein Affront und ein «Ja» bloss erzwungen. Beschämt und blossgestellt bleibt mir nur die Wahl zwischen radikaler Ehrlichkeit, feiger Flucht und ohnmächtiger Trauer.
Petrus steht nackt im Boot und schämt sich, als er auf einmal die vertraute Gestalt seines Freundes am Ufer sieht. Er steht an einem Wendepunkt. Nach dem schweren Abschied von dem, den er liebhatte, ist er zurück am See. Fischen, als ob nichts geschehen wäre: was für ein Trost!
Und dann diese Frage, dreimal, als würde einmal nicht reichen: Liebst du mich? War das nur ein Strohfeuer, diese Begeisterung für mich, deine Treueschwüre? Geht der alte Trott jetzt weiter?
Die Frage verwirrt mich und macht mich traurig, weil ich weiss, wie wenig Spielraum sie offenlässt; weil ich auch keine tapferere Figur bin als dieser verwirrte und beschämte und ein bisschen versteinerte Petrus; und weil ich ahne, dass mir die Antwort niemand abnehmen kann.
Du hast mich je und je geliebt
und auch zu dir gezogen;
eh ich noch etwas Guts geübt,
warst du mir schon gewogen.
(Kirchengesangbuch Nr. 654)
Hansueli Hauenstein, Pfarrer