Getümmel, Getümmel im Tal der Entscheidung; denn nahe ist der «Tag des Herrn» im Tal der Entscheidung. (Joel 4,14)
Der «Tag des Herrn» bezeichnet in der Bibel den Moment, in dem Gott mit seiner ganzen furcht- und fruchtbaren Macht in das Weltgeschehen eingreift. Die Geschichte wendet sich, und nach schwerer Not werden Recht und Frieden wiederhergestellt.
Solche schicksalhaften Entscheidungsschläge werden bis zum letzten Buch der Bibel beschrieben und – ersehnt. Wie ein scharfes Schwert soll das göttliche Wirken zwischen gewesenem Unheil und kommender Erlösung trennen und Klarheit schaffen im Wirrwarr menschlichen Daseins.
Gegenwärtig herrscht im «Tal der Entscheidung» allerdings noch Getümmel. Heil und Unheil sind bei weitem nicht so eindeutig, wie es unsere Sehnsucht will – oder die religiöse und politische Propaganda, die sich davon nährt.
Mitten in diesem Getümmel, in diesem Tal, sitze ich, zwischen einem vergangenen Jahr mit seinem verwirrenden Geschehen und einem neuen Jahr mit all seiner Ungewissheit. Welchen Weg soll ich einschlagen? Welcher Wahrheit vertrauen? Auf welche Entscheidungen hoffen?
Im Englischen sitzt jemand, der oder die Mühe hat sich zu entscheiden, on the fence, auf dem Zaun. Das ist kein bequemer Ort, aber vielleicht ein angemessener. Immerhin erlaubt er im Getümmel eine gewisse Übersicht und vielleicht sogar ein wenig Gelassenheit angesichts der Tage von «Herren», die nicht Gott sind.
Er hat es uns zuvor gesagt
und einen Tag bestellt.
Er kommt, wenn niemand nach ihm fragt
noch es für möglich hält.
(Kirchengesangbuch Nr. 855)
Hansueli Hauenstein, Pfarrer