Er (Gott) lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. (Matthäus 5,45)
Wer ist gut und wer ist böse? Wer gehört zu den Gerechten, wer zu den Ungerechten? Wohl jeder Mensch weiss da sofort ein paar Namen zu nennen. Oder wenigstens kann man ein paar Handlungen oder Meinungen beschreiben, anhand derer man die Welt in gut und böse einteilen kann. Schön überschaubar, schön praktisch.
Der Ausspruch Jesu mahnt zur Vorsicht. Ja, Gott kennt zwar die Kategorien von Gut und Böse, gerecht und ungerecht, aber Gott stellt sich zu ihnen nicht unbedingt so, wie man das erwarten würde. Hier gut, da Regen; hier böse, da Trockenheit. So einfach ist das nicht.
Und, wer weiss? Vielleicht sind mein «Böse» und Gottes «Böse» ja gar nicht deckungsgleich. Wer bin ich denn, dass ich in Gottes Karten blicken könnte oder Gottes Urteile hinterfragen könnte? Vielleicht wäre im einen oder anderen menschlichen Urteil in Sachen Gut und Böse etwas mehr Demut angebracht.
Michael Rahn, Pfarrer