Was einmal geschah, ist längst wieder geschehen und was geschehen wird, ist längst schon geschehen. Gott aber sucht, was verloren ging.
(Kohelet, 3,15)
Wir denken, was wir erleben, ist einzigartig, noch nie dagewesen. Neue Entdeckungen, neue Geschichten, neue Gefühle. Natürlich: Ich habe es noch nie erlebt. Für mich ist es das erste Mal. Grossartig oder schrecklich; verstörend oder erfreulich; auf jeden Fall neu.
Der Philosoph unter den Autoren des Alten Testamentes – Kohelet – löst sich aus der individualistischen Froschperspektive. Es ist längst nicht alles so einmalig, wie die direkt Betroffenen es meinen. Und selbst der neueste Schrei in der Mode, aber auch in der Philosophie oder der Geschichte ist oft nur ein müder Abklatsch des Vergangenen.
Nur einer steht über dieser ewigen Abfolge. Gott sieht auch in die Zwischenräume und die toten Winkel. Gott geht auch dahin, wo die Abgründe des Scheiterns in persönlicher Einmaligkeit ihren Rachen aufsperren. Gott umfasst alles, den (Kreis)-Lauf der Welt genauso, wie das Schicksal des Einzelnen.
Verstehen können wir dies manchmal nicht. Doch auch dies hat Kohelet schon bedacht: «Als ich mir vornahm, Weisheit zu verstehen und das Treiben zu betrachten, das auf der Erde geschah, […] sah ich das ganze Werk Gottes: dass der Mensch das Geschehen unter der Sonne nicht begreifen kann.»
Guter Gott
hilf mir
dir zu vertrauen, wenn ich nicht verstehe,
mit dir zu rechnen, trotz allem.
Michael Rahn, Pfarrer