Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.
(Petrus 5,5)
Demut ist nicht das Wort der Stunde. Und es hat eine durchaus schwierige Geschichte hinter sich. Allzu oft hörten in der Vergangenheit Frauen von Männern im Namen Gottes, sie sollten demütig und anspruchslos sein oder Bauern von ihren Oberen. Den ersten Teil dieses Verses haben die Mächtigen meist grosszügig übersehen.
Der Gedanke, dass Gott unsere verkehrte Welt zurechtrückt und ungerechte Hierarchien einebnet oder sogar in ihr Gegenteil verwandelt, erscheint in der Bibel mehrfach. Er gehört schon fast zu ihrem inneren Kern und gibt einen klaren ethischen Kompass vor. Doch bevor nun die Revolution ausgerufen wird – die meisten Revolutionen auf Erden haben die Hochmütigen nicht wirklich beseitigt und schon gar nicht verändert, sondern einfach durch andere Hochmütige ersetzt.
Echte Demut hat nichts damit zu tun, dass Menschen sich künstlich klein und schwach machen. Wer demütig ist, weiss, dass es viele Menschen gibt mit vielen Bedürfnissen und dass nicht immer die eigenen Wünsche an erster Stelle stehen können. Er oder sie kennt seine Stärken, aber auch die Schwächen und nimmt beide ernst. Und ja, vielleicht ist es auch Demut, manches von Gott zu erwarten und zu erbitten und es nicht selber herbeizwingen zu wollen.
Guter Gott
Hilf mir, mich nicht über andere zu erheben.
Hilf mir, sie – genauso wie mich – zu achten.
Zeige du mir den Wert, den du mir gibst.
Amen.
Michael Rahn, Pfarrer