Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat. (Psalm 33,12)
Wer mit diesem Vers gemeint ist, ist klar: das Volk Israel. In seiner Mitte ist der Psalm entstanden, es hat mit ihm über Jahrhunderte gebetet. Konflikthaft wurde die Geschichte, als sich einige Anhänger von Jesus von Nazareth aus diesem Volk herauslösten und sagten: Dies gilt auch für uns. Wir nennen sie heute Christen. Und hochproblematisch wurde es, als spätere Christen behaupteten: Das gilt nur für uns und nicht mehr für das Volk Israel, das man unterdessen als Juden bezeichnete.
Juden und Christen – eine höchst spannungsreiche Beziehung durch die Jahrhunderte, in der die christliche Seite viel Schuld auf sich geladen hat. Dabei beten wir zum selben Gott und betrachten (teilweise) dieselben Schriften als heilig. Es ist nicht verkehrt, wenn wir Christen uns heute auch zu diesem Volk zählen, das Gott erwählt hat. Doch dürfen wir nie vergessen, dass diese Zusage ursprünglich nicht für uns gemacht wurde und dass sie nicht nur uns gilt.
Michael Rahn, Pfarrer